Fehlende Kita-Plätze, geschlossene Bibliotheken, mangelhafter Nahverkehr – der öffentlichen Hand fehlt das Geld für wichtige Investitionen und Leistungen. Dem stehen gigantische private Vermögen entgegen. Sie müssen verstärkt an der Finanzierung unseres Gemeinwesens beteiligt werden: mit einer einmaligen Vermögensabgabe und einer dauerhaften Vermögensteuer. Lesen Sie hier Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema.
Zum Ausdrucken und Weiterverteilen haben wir Informationen in übersichtlicher Form in Faktenblättern zusammengestellt:
1. Arm und Reich
2. Öffentliche Finanznot - Privater Reichtum
3. Umverteilungskonzepte der Bündnispartner
Die Grundidee ist so einfach wie einleuchtend: Es geht darum, Vermögende entsprechend ihrer guten wirtschaftlichen Lage stärker an der Finanzierung der Staatsaufgaben zu beteiligen. Wer sehr reich ist, soll also eine zusätzliche Steuer zahlen.
Die Vermögensteuer bezieht sich nicht auf das laufende Einkommen, sondern auf den Vermögensbesitz abzüglich von Schulden (d. h. auf das Nettovermögen). Steuerpflichtig sind nicht nur Geldvermögen (einschließlich Aktien, Staatsanleihen und andere Wertpapiere), sondern ebenso Immobilien- und Betriebsvermögen.
Das hängt vor allem von der Höhe der Freibeträge und des Steuersatzes ab. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat verschiedene Modelle durchgerechnet.
Bei einem Steuersatz von 1,5 % und großzügigen Freibeträgen – 1 Million Euro für jeden Erwachsenen, 250 000 Euro für jedes Kind und 5 Millionen Euro für Betriebsvermögen – kann die Vermögensteuer über 20 Milliarden Euro einbringen. Jedes Jahr.
Dieses Geld steht dann gemäß Grundgesetz den Bundesländern zu, die damit z. B. in Bildung und Nahverkehr investieren oder auch ihre Schuldenlast abbauen können. Bei niedrigeren Freibeträgen sind entsprechend höhere Einnahmen oder ein niedrigerer Steuersatz möglich.
Eine einmalige Vermögensabgabe fließt dem Bund zu oder kann auf Bund, Länder und Kommunen verteilt werden. Diese zusätzliche, zweckgebundene Abgabe sollte die besonderen Lasten mindern, die dem Staatshaushalt durch die Finanz- und Bankenkrise aufgebürdet wurden.
Die Abgabe würde zu einem festen Stichtag erhoben und könnte dann über mehrere Jahre hinweg in Raten gezahlt werden. Ein Stichtag vor einem Beschluss über die Abgabe hat den Vorteil, dass kein Abgabepflichtiger nachträglich sein Vermögen verstecken oder kleinrechnen kann, um sich der Abgabe zu entziehen.
Je nach Freibeträgen, Abgabesätzen und Laufzeiten bringt eine solche Abgabe insgesamt zwischen 100 Milliarden bis zu über einer Billion Euro ein. Bei einem Abgabesatz von 20 % - verteilt auf eine Laufzeit von zehn Jahren wären das 2% pro Jahr - würden 300 Milliarden erzielt – das entspricht der Summe, die die öffentlichen Haushalte seit 2008 zur Bewältigung der Finanzkrise an neuen Schulden aufgenommen haben.
Die unser Bündnis unterstützende Initiative von vermögenden Personen schlägt vor, zwei Jahre lang eine Vermögensabgabe in Höhe von jeweils 5 % zu erheben. Abgabepflichtig soll Vermögen sein, das den Betrag von 500.000 Euro bei Privatvermögen bzw. 3 Millionen Euro bei Betriebsvermögen übersteigt. Auf die private Altersvorsorge von Selbständigen sollte dabei Rücksicht genommen werden. Die Einnahmen sollen in die Bereiche Ökologie, Bildung und Soziales investiert werden - etwa in die Förderung der energetischen Haussanierung und der erneuerbaren Energiegewinnung, in mehr Personal für Bildungs-, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sowie in eine Erhöhung der Sozialleistungen. All diese Maßnahmen setzen positive, unmittelbare und nachhaltige Konjunkturimpulse. Um diese zu verstetigen, fordern die Vermögenden nach den zwei Jahren der Vermögensabgabe eine Wiedereinführung der bis 1997 erhobenen Vermögensteuer. Weitere Informationen auf der Webseite des Appells für eine Vermögensabgabe.
Nein, es sei denn, Sie gehören zu den reichsten 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung. Denn vorgesehen sind individuelle Freibeträge von einer halben bis 1 Million Euro, und noch weit höhere Freibeträge von 2 bis 5 Millionen für Betriebsvermögen. Das heißt: Niemand muss Angst um sein Einfamilienhaus, seine Altersvorsorge oder seinen Familienbetrieb haben.
Bei einem Freibetrag von 1 Million Euro wären schätzungsweise 400.000 Personen betroffen – die Reichsten unserer Gesellschaft, jenes 1 % der Bevölkerung, das über 35 % des Gesamtvermögens besitzt. Die Vermögen dieser Superreichen sind auch während der Krise nicht geschrumpft, sondern noch weiter gewachsen auf jetzt über 2,5 Billionen Euro. Das ist mehr, als alle öffentlichen Haushalte zusammen an Schulden haben. Wenn jemand eine stärkere Beteiligung an den Krisenkosten leicht verkraften kann, dann sind es diese „Top 1 %“.
Während die öffentlichen Kassen leer sind, geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf. Das Einkommen der ärmsten zehn Prozent ist von 1999 bis 2009 um 9,6 Prozent gesunken, während das reichste Zehntel der Bevölkerung noch weitere 16,6 Prozent hinzu gewann (SOEP 2010).
Das Vermögen ist noch viel ungleicher verteilt als das Einkommen. Das reichste 1 Prozent der Deutschen besitzt über ein Drittel des gesamten Vermögens, die reichsten 10 Prozent besitzen zusammen sogar zwei Drittel. Die Hälfte der Bevölkerung hingegen hat nahezu nichts oder unterm Strich nur Schulden.
Bei der Vermögensbesteuerung geht es nicht um Neid, wie manchmal unterstellt wird, sondern um
Maßgeblich sollte nicht mehr nur der Wohnsitz sein, sondern die Staatsangehörigkeit. Steuerflüchtige müssten dann den deutschen Pass abgeben – und dazu sind wohl nur die Allerwenigsten bereit. Alle Deutschen wären mit ihrem gesamten Weltvermögen steuerpflichtig, so wie es jetzt die Deutschen mit Wohnsitz in Deutschland sind, es sei denn, dieses Vermögen unterliegt bereits in einem anderen Land einer Vermögensteuer. Denn dann werden bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen angewendet, wie z. B. zwischen USA und Deutschland. Sinnvollerweise sollten dabei im Ausland gezahlte Vermögensteuern bei der deutschen Vermögensteuer angerechnet werden.
Dabei beteiligen andere Länder Vermögende sehr viel stärker an der Finanzierung der Gemeinwesen als Deutschland. In Großbritannien betragen vermögensbezogene Steuern über 4 % der Wirtschaftsleistung (BIP), in Frankreich und den USA über 3 % – in Deutschland dagegen unter 1 %. Selbst mit der Einführung einer Vermögensteuer läge Deutschland lediglich auf dem Durchschnittsniveau der Industriestaaten von etwa 2% (Studie der OECD).
Vermögen selbst kann aus technischen Gründen nur sehr eingeschränkt ins Ausland verlagert werden. Bei Immobilien- und Betriebsvermögen ist das praktisch unmöglich. Anders beim Geldvermögen: Über die Summen, die Deutsche z. B. in die Schweiz oder auf die Cayman-Inseln transferiert haben, lässt sich bisher nur mutmaßen. Allein auf Schweizer Konten sollen bis zu 300 Mrd. Euro deutsches Schwarzgeld liegen. Ein Lösungsansatz wurde von der EU bereits 2005 in der “Europäischen Richtlinie zur Zinsbesteuerung” beschlossen: Seither findet zwischen den EU-Mitgliedstaaten der sogenannte „automatische Informationsaustausch“ über Konten von Bürger/innen der jeweils anderen Länder statt. Entsprechende Verträge sollte die EU auch mit Drittstaaten schließen.
Nein, aus folgenden Gründen:
Rechtlich kann die Vermögensteuer, anders als die Grundsteuer, nicht als Kostenposition auf die Mieter umgelegt werden. Vielmehr ist sie ausdrücklich von den Vermögenden persönlich zu tragen.
Natürlich kann der Vermieter trotzdem versuchen, die Miete zu erhöhen. Das kann er aber auch ohne Vermögensteuer, wenn der Markt das hergibt. Es gibt keinen Grund, warum eine Vermögensteuer ihm dies erleichtern sollte, solange nicht das Mietniveau insgesamt steigt. Eine Erhöhung des Mietniveaus durch die Vermögenssteuer ist jedoch auszuschließen - denn ein erheblicher Teil der Mietwohnungen gehört Vermietern, die nur wenige Wohnungen besitzen und von der Vermögenssteuer gar nicht betroffen sind. Die vermögensteuerpflichtigen Großbesitzer würden ihre Wohnungen also im Vergleich zu den anderen einseitig verteuern - was sie natürlich gern täten. Es wird ihnen aber kaum gelingen, das am Markt gegen Ihre Mitbewerber durchzusetzen.
Der vor allem in Großstädten drückenden Mangel an günstigem Wohnraum kann nur mit wohnungspolitischen Mitteln begegnet werden. Notwendig ist vor allem eine Wiederaufnahme des sozialen Wohnungsbaus. Einer aktuellen Studie zufolge fehlen in Deutschland 4 Millionen Sozialwohnungen - nur jeder fünfte finanzschwache Haushalt hat überhaupt die Chance auf bezahlbaren Wohnraum.
Genau dafür braucht es zusätzliche öffentliche Geldmittel, wie sie aus der Vermögensteuer generiert werden. Steuermehreinnahmen durch die Vermögensteuer kämen damit gerade Mietern aus den unteren Einkommensgruppen zugute.
Das reichste Zehntel der Bevölkerung, dem um die 60 % des privaten Reichtums gehören, zahlt knapp 53 % der Einkommensteuer (Institut der Deutschen Wirtschaft). Die Einkommensteuer macht dabei nur knapp 30 % der gesamten Steuern aus. Die reichsten 10 % der Deutschen zahlen also per Einkommensteuer 15,9 % des Steueraufkommens.
Dabei ist es gerade der Sinn der progressiven Einkommensbesteuerung, dass sie zu einem gewissen sozialen Ausgleich zwischen Beziehern geringer und Beziehern hoher Einkommen beitragen soll.
Den bei weitem größten Teil des Gesamtsteueraufkommens machen mit rund 45 % die Konsumsteuern aus (Mehrwert-, Energie-, Bier-, Tabak-, Versicherungsteuer usw. ). Sie werden bis auf einen geringen Teil von den breiten Bevölkerungsschichten mit mittlerem oder geringem Einkommen gezahlt. Diese Tatsache wird z. B. von der Bild-Zeitung einfach unterschlagen.
Wenn beide Steuerarten betrachtet werden, kann von einer überproportionalen Belastung der Wohlhabenderen überhaupt nicht die Rede sein. Im Gegenteil haben die Steuerreformen seit Mitte der 90er Jahre dazu geführt, dass die Steuerlast heute hauptsächlich bei Normal- und Geringverdienern liegt und die sozialstaatlich geforderte Umverteilung von Reich zu Arm über das Steuersystem kaum noch gegeben ist.
Beim Blick auf die Allerreichsten zeigt sich sogar eine deutliche Steuerdegression, d. h. eine mit steigendem Einkommen sinkende Steuerbelastung. Heutzutage zahlen Deutschlands Superreiche durchschnittlich nur 29 % Steuern von ihren Einkommen, wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung belegt: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-08/rot-gruen-steuern/komplettansicht. Von solch niedrigen Steuersätzen können viele Angehörige der Mittelschicht nur träumen.
Bis 1996 wurde auch in Deutschland eine Vermögensteuer erhoben. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde sie ausgesetzt, weil in der Praxis ungleiche Maßstäbe für Geldvermögen und Immobilien- bzw. Betriebsvermögen angewendet worden waren. Die Steuer als solche wurde nicht beanstandet. Für die gleichmäßige Bewertung der verschiedenen Vermögensarten gibt es inzwischen aktuelle und praktikable Maßstäbe, die im Zuge der Erbschaftsteuerreform entwickelt wurden. Rechtlich steht einem Comeback der Vermögensteuer damit nichts im Weg – erforderlich ist nur ein Beschluss von Bundestag und Bundesrat.
Auch eine Vermögensabgabe gab es in Deutschland bereits: In den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik wurde über den sogenannten „Lastenausgleich“ Ausgebombten der Wiederaufbau finanziert, Vertriebenen ein neuer Start ermöglicht und ein Fundament für das „Wirtschaftswunder“ gelegt. Die Abgabe belief sich auf 50 % des Vermögenswertes und konnte in bis zu 120 vierteljährlichen Raten, also verteilt auf 30 Jahre, in den Ausgleichsfonds eingezahlt werden.
Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht 1995 die bis dahin geltende Vermögensteuerregelung nur aus einem einzigen Grund für verfassungswidrig erklärt: wegen der Bevorzugung des Grundeigentums. Immobilien und Grundstücke wurden nämlich im Durchschnitt nur mit einem Zehntel ihres Wertes besteuert – eine massive Ungerechtigkeit im Vergleich zu Besitzern von Geldvermögen.
Hintergrund war, dass die der Immobilien- und Grundstücksbewertung zugrundeliegenden Verkehrswerte seit 1964 nicht mehr aktualisiert worden waren. Das sollte der Gesetzgeber korrigieren. Dies ist bis heute nicht erfolgt, weshalb die Vermögensteuer seit 1996 nicht mehr angewendet wird.
Viele, die eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung der Vermögensteuer verhindern wollen, berufen sich auf den sogenannten "Halbteilungsgrundsatz": Angeblich habe das Bundesverfassungsgericht 1995 in seinem Urteil zur Vermögenssteuer festgelegt, dass nicht mehr als die Hälfte des Gewinns vom Staat als Steuern eingezogen werden dürfe. Dieser Grundsatz existiert jedoch nicht. In der Begründung des Vermögensteuer-Urteils taucht zwar eine entsprechende Formulierung auf, jedoch nur als sogenanntes obiter dictum, als Nebenbei-Bemerkung, die keine juristische Wirkung hat. Zudem war und ist der damals urteilende 2. Senat des BverfG für eine Grundsatzentscheidung in dieser Frage nicht zuständig. Der zuständige 1. Senat hat mehrfach eine andere Auffassung vertreten; übereinstimmend damit hat der Bundesfinanzhof 1999 geurteilt, dass der „Halbteilungsgrundsatz“ keine bindende Wirkung hat.
Der „Halbteilungsgrundsatz“ interpretiert Art. 14 Grundgesetz („Eigentum verpflichtet – sein Gebrauch soll zugleich der Allgemeinheit dienen“) so, dass mit dem Wort „zugleich“ nicht nur „ebenfalls“ oder „gleichzeitig“, sondern „zu gleichen Teilen“ gemeint sei. Diese Interpretation von Art. 14 GG gilt unter Verfassungsjuristen mehrheitlich als abwegig. Streng genommen bedeutet sie allerdings, dass nicht nur die Hälfte des Gewinns, sondern auch des Eigentums (des Vermögens) der Allgemeinheit dienen soll – und dass demzufolge die Hälfte der Einkommen und Vermögen vom Staat weg besteuert bzw. schlicht enteignet werden kann und muss, wenn ihr Nutzen für die Allgemeinheit anders nicht sichergestellt werden kann.
Nein. Es scheint zwar auf den ersten Blick so: wenn Vermögende zum Kauf von Staatsanleihen verpflichtet werden, steht den öffentlichen Haushalten kurzfristig mehr Geld zur Verfügung. Doch eine solche Zwangsanleihe würde den öffentlichen Schuldenberg nur weiter vergrößern. Und die enorme Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen würde weiter verschärft. Denn irgendwann muss die Anleihe zurückgezahlt werden, womöglich wiederum mit Zinsen. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht 1984 schon einmal eine Zwangsanleihe für verfassungswidrig erklärt. Die damals formulierten verfassungsrechtlichen Einwände sind grundsätzlicher Art, so dass auch eine neue Zwangsanleihe wohl keinen Bestand hätte.
Tatsächlich hat die FDP ihren Widerstand gegen eine solche Steuer aufgegeben und den Weg dafür frei gemacht, dass Deutschland sie mit anderen EU-Ländern einführen kann. Dies wäre vor allem wichtig, um bestimmte hochspekulative Börsengeschäfte einzudämmen, die zur Entstehung der Finanzkrise beigetragen haben.
Bei den zu erwartenden Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer – 2 Mrd. Euro erwartet das Bundesfinanzministerium, eine umfassendere Berechnung bis zu 11 Mrd. Euro jährlich – handelt es sich zwar nicht um „Peanuts“. Dennoch reicht diese Summe bei weitem nicht, um das immer steiler werdende Gefälle zwischen Arm und Reich abzuflachen. Und sie reicht auch bei weitem nicht, um die Kosten der Krise – bisher über 300 Mrd. Euro – zu begleichen.
Zudem sollen die Einnahmen aus der Spekulationssteuer vor allem der unmittelbaren Armutsbekämpfung dienen – in Europa und in den armen Ländern des Südens. Zur Überwindung der Finanz- und Schuldenkrise sind die Einnahmen aus Vermögensteuer und Vermögensabgabe also unbedingt erforderlich. Zudem ist es zwar wahrscheinlich, aber immer noch nicht sicher, dass die Finanztransaktionssteuer auch wirklich kommt.
Die Vermögensabgabe und Vermögenssteuer, wie sie in verschiedenen Konzepten (z. B. von attac, ver.di, Grüne) geplant ist, beziehen sich auf das Privatvermögen. Soweit auch Betriebsvermögen besteuert werden soll, sind dafür jeweils sehr viel höhere Freibeträge von 3 oder 5 Millionen Euro vorgesehen.
Das Privatvermögen umfasst Geld-, Sach- und Gebrauchsvermögen (zusammen das Bruttoprivatvermögen). Davon werden die Schulden abgezogen – und auf dieses Netto-Privatvermögen beziehen sich dann Vermögensabgabe und Vermögensteuer.
Das Geldvermögen enthält neben Bankkonten den Wert von Versicherungen (meist Kapitallebensversicherungen und Kapitalrentenversicherungen), Kredite an Dritte sowie die Anteile an Kapitalgesellschaften (z. B. Aktien) und andere Wertpapiere (z. B. Derivate). Firmenvermögen, soweit es sich um Anteile an Kapitalgesellschaften handelt, ist also im Privatvermögen der Eigentümer enthalten.
Das Gebrauchsvermögen umfasst Gegenstände wie Autos, Yachten, Privatflugzeuge usw., soweit sie in privatem Besitz sind und nicht einem Erwerbszweck dienen, also nicht steuerlich abgesetzt werden.
Das Sachvermögen besteht überwiegend aus Grundstücken und Immobilien. Dazu kommen Tiere, Pflanzen, Maschinen, Einrichtungsgegenstände und Materialien sowie immaterielle Werte wie z. B. Patente und anderes geistiges Eigentum).
Der steuerliche Begriff des Betriebsvermögens taucht in den Vermögensstatistiken von Statistischem Bundesamt und Bundesbank nicht auf. Er umfasst neben unmittelbarem Eigentum oder Anteilen an Gewerbebetrieben (Sachvermögen) auch relevante Anteile an Kapitalgesellschaften, wie z. B. Aktiengesellschaften und GmbHs. Da die Bewertung des Betriebsvermögens sich wesentlich am Ertrag orientiert, ist in aller Regel eine Vermögensteuer ohne weiteres aus den Erträgen zu zahlen.
Das Problem bei kleinen Firmen wie z. B. einem Handwerksbetrieb oder einem Bauernhof besteht darin, dass sie nicht einfach wie ein Gesellschaftsanteil (z. B. ein Aktienpaket) verkauft werden können. Denn mit dem Verkauf würde der Firmenbesitzer ja seine Lebensgrundlage aufgeben. Er kann auch nicht so einfach einen Kredit aufnehmen, um die Steuer zu zahlen, da er diesen häufig nur bekommt, wenn er dafür eine Maschine oder Material kauft und verpfändet. Um kleine Betriebe nicht zu gefährden, sind bei der Besteuerung von Betriebsvermögen also höhere Freibeträge erforderlich.
Neben dem Vermögen der privaten Haushalte gibt es in der Statistik noch das Vermögen des Staates und das Reinvermögen von Kapitalgesellschaften.
Das Vermögen des Staates ist fast null, da die Schulden fast so groß sind wie alle Vermögenswerte wie Straßen, Brücken, Bahnlinien, Häfen usw.
Das Reinvermögen der Kapitalgesellschaften ist ebenfalls gering. Denn in der Regel entspricht der Wert einer Firma dem Wert aller Gesellschafteranteile wie etwa Aktien, und diese Anteile sind jeweils dem Privatvermögen der Anteilseigner zuzurechnen. Wenn aber zum Beispiel die Firma real mehr Wert ist als der Wert ihrer Aktion, dann nennt man den überschüssigen Wert Reinvermögen. Der größte Teil des Werts von Kapitalgesellschaften taucht in Form der Gesellschafteranteile (z. B. Aktien) im Privatvermögen wieder auf. Ausnahme davon ist der Anteil der Firma, der Ausländern gehört. Dafür taucht im Vermögen der privaten Haushalte auch der Auslandbesitz von Deutschen auf, soweit dieses bekannt oder in den Schätzungen berücksichtigt ist.
Steuern werden grundsätzlich nicht zweckbestimmt erhoben, Abgaben hingegen müssen zweckbestimmt sein.
Wenn der Gesetzgeber eine Vermögensabgabe beschließt, muss er also zugleich festlegen, welchem Zweck die Mittel zufließen sollen. Dabei sind ihm verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Eine Vermögensabgabe muss der Deckung eines besonderen Finanzbedarfs dienen, der aus dem normalen, laufenden Steueraufkommen nicht gedeckt werden kann (Gutachten Prof. Wieland, link). Diese Voraussetzungen sind gegeben bei einem gesellschaftlichen Großprojekt wie der Energiewende oder auch bei der Bewältigung der Finanzkrise, d. h. beim Abbau der gigantischen Schulden, die der Staat zur Rettung maroder Banken und privater Vermögen aufgenommen hat.
Wenn das Geld aus der Vermögensabgabe in Schuldenabbau oder die Förderung energetischer Gebäudesanierung fließt, können bis dahin für diese Aufgaben veranschlagte Haushaltsmittel für andere Verwendung frei werden. Sie können dann z. B. in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, in eine Erhöhung von Sozialleistungen, Entwicklungshilfe oder in die ordentliche Bezahlung der zehntausenden für den öffentlichen Dienst zu Dumpinglöhnen tätigen Leiharbeiter_innen fließen.
Die Entscheidung darüber, wofür Mittel aus dem allgemeinen Haushalt verwendet werden, liegt bei den Parlamenten. Sinnvollerweise sollten mit dem zusätzlichen Geld die Lebensbedingungen breiter Bevölkerungsschichten verbessert, Armut beseitigt, das Bildungssystem gestärkt, der Pflegebereich humanisiert und durch Investitionen in vernachlässigte Bereiche wie z. B. den öffentlichen Nahverkehr vor allem auf dem Land die in Deutschland allzu schwache Binnenwirtschaft angekurbelt werden.
Damit die Abgeordneten Budgetentscheidungen in diesem Sinne treffen, sind wir Bürger_innen gefordert: bei Wahlentscheidungen genau hinschauen, nicht mit Floskeln abspeisen lassen, immer wieder deutlich machen, was unser Auftrag für die von uns Gewählten ist: die Sorge um das Gemeinwohl.
Zum Thema „Verschwendung von Steuergeldern“ kann man lange Diskussionen führen – jedem und jeder fallen dazu Beispiele ein, und nicht selten stellt sich dann heraus, dass das, was einer für Vergeudung hält, in den Augen anderer eine sinnvolle Ausgabe darstellt. Nicht selten hat der Versuch, öffentliche Gelder einzusparen, dazu geführt, öffentliche Aufgaben privaten Firmen zu übertragen: durch Outsourcing von Dienstleistungen, durch Verkauf öffentlicher Krankenhäuser, Wasserwerke und Verkehrsunternehmen, oder in Form des Cross-Border-Leasings, bei dem öffentliche Infrastruktur zunächst an Private verkauft und dann zurückgemietet wird. In praktisch allen Fällen ist das die öffentliche Hand sehr viel teurer zu stehen gekommen. Zudem ging die politische Gestaltungsmacht über öffentliches Eigentum verloren, und die Löhne der Beschäftigten bei privaten (Leih-)Firmen wurden oft bis auf Armutsniveau gedrückt. Insofern ist es richtig und wichtig, Ausgaben, deren Nutzen für die Allgemeinheit zweifelhaft ist, kritisch unter die Lupe zu nehmen – aber man sollte nicht dem fatalen Irrglauben erliegen, „der Markt“ könne Dinge von öffentlichem Belang besser oder gar kostengünstiger regeln. Denn private Firmen wollen schließlich zuerst und zuletzt Gewinn machen – und diese Gewinne müssen von der Allgemeinheit stets auf die eine oder andere Weise mitbezahlt werden.
Über einen Posten im Staatshaushalt ärgern sich jedoch alle Steuerzahler/innen gleichermaßen und mit vollem Recht: über die Zinsausgaben. Bei diesen handelt es sich in doppeltem Sinne um „verbranntes“ Steuergeld.
Zinsausgaben sind der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt. Auf dieses Maß konnten sie nur anschwellen, weil seit Mitte/Ende der 90er Jahre die Steuern für Reiche und Konzerne massiv gesenkt und zum Teil ganz ausgesetzt wurden. Dem Fiskus entgingen dadurch seit dem Jahr 2000 etwa 500 Milliarden Euro – was durch Kürzungen bei den Sozialleistungen und Konsumsteuer-Erhöhungen, aber auch durch neue Schulden „kompensiert“ wurde. Diese „Schulden statt Steuern“-Politik trug indirekt zur Entstehung der Finanzkrise bei – sowohl Steuersenkungen als auch Zinszahlungen mehrten das private Finanzkapital, das schließlich massenhaft in den Spekulationsblasen implodierte. Und wieder stieg in Reaktion darauf die Staatsverschuldung – die Rettung maroder Banken und ihrer Anleger sowie begleitende Konjunkturmaßnahmen kosteten hunderte Milliarden.
Haushalterisch vernünftiger und sparsamer wäre es gewesen, gleich auf die Steuergeschenke an die Wohlhabendsten zu verzichten. Wir fordern deshalb die Politik auf, aus dem großen Fehler der Vergangenheit zu lernen und auch die finanziell Privilegierten wieder angemessen zu besteuern.
Reichstes Prozent dürfte rund ein Drittel des Privatvermögens in Deutschland besitzen - Neue Studie mit Schätzungen zu Superreichen: Link zum Wochenbericht 7/2015 des DIW
NRW-Kommunalfinanzbericht 2015: Link zur Seite bei ver.di
Arbeitspapier zur Finanz- und Haushaltspolitik in Deutschland (in Englisch): Download
ver.di Wirtschaftspolitische Informationen Dezember 2014: Erbschaftsteuer gerecht reformieren! Download
Ralf Krämer, ver.di Wirtschaftspolitik: Vermögensbesteuerung und Unternehmen, Juli 2013 Download
Vermögensteuer jetzt! Materialsammlung
ver.di: Wirtschaftspolitische Informationen 5/12 Download
Broschüre von ver.di Wirtschaftspolitik: "Fair teilen! Höhere Löhne, Steuergerechtigkeit, Sozialstaat stärken" Download
DIW: Zusammenstellung aktueller Daten und Zahlen Download bei ver.di
Prof. Dr. Joachim Wieland: Vermögensabgaben im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG, Rechtsgutachten im Auftrag der Hans Böckler Stiftung, August 2012. Download
Prof. Dr. Joachim Wieland: Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Rechtsgutachten im Auftrag von ver.di, 2003. Download
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Gestiegene Vermögensungleichheit in Deutschland. DIW-Wochenbericht 4/2009. Download
Stefan Bach: Lastenausgleich aus heutiger Sicht: Renaissance der allgemeinen Vermögensbesteuerung? in: Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung 04/2011, S. 123-146 Download
Stefan Bach, Martin Beznoska, Viktor Steiner: A Wealth Tax on the Rich to Bring down Public Debt?, DIW Discussion Paper 1137, 2011. Download
Stefan Bach: Vermögensabgaben: ein Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen in Europa, DIW-Wochenbericht 28/2012. Download
Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik: Memorandum 2012 (Kurzfassung). Download
Tax Justice Network: Wirtschaftliche Ungleichheit größer als befürchtet. Zur Studie
Zum ver.di Konzept Steuergerechtigkeit gibt es aktualisierte Zahlen und Angaben zur Verteilung der Mehreinnahmen auf Bundesländer und ihre Städte und Gemeinden. Download bei ver.di
Präsentation dazu: Download bei ver.di
Sieben Wege zu höheren Einnahmen durch vermögensbezogene Steuern. Aus Vermögensteuern nimmt der deutsche Staat nur wenig ein. An gangbaren Möglichkeiten, das zu ändern, herrscht kein Mangel. Externer Link
Sogar die Bundesbank schlägt im Monatsbericht Januar 2014 einmalige Vermögensabgaben als Instrument zur Lösung nationaler Verschuldungskrisen vor. Download
Rückfall in die zwanziger Jahre. Die Ungleichheit hat in den Industrienationen zum Teil massiv zugenommen. Externer Link
ver.di Positionen: Vermögensabgabe und Vermögensteuer, Wirtschaftspolitische Informationen 5/12 Download bei ver.di
Detaillierte Zahlen des DIW zur Verteilung des Nettovermögens privater Haushalte in Deutschland Download bei ver.di
ver.di TV: "Wie wird man reich?" Video Langfassung und Kurzfassung: Video bei ver.di TV
Die Ergebnisse einer Umfrage des Paritätischen Gesamtverbandes vom 16.05.2013 zeigen deutlich: inzwischen gibt es eine breite, parteiübergreifende Mehrheit für höhere Steuern und mehr Bildungs- und Sozialausgaben.